Les.: Neh 8,2-4a.5-6.8-10
Les.: 1 Kor 12,12-31a
Ev.: Lk 1,1-4; 4,14-21
Liebe Eltern, Familien und Freunde der Kandidaten für den Akolythendienst,
liebe Mitbrüder im geistlichen Amt,
liebe Seminaristen,
liebe Kandidaten!
Ich darf Sie heute mit dem Akolythat beauftragen. Ich tue es gern und bin überzeugt, dass ich Ihnen und uns, der Kirche und Gesellschaft, damit etwas Gutes tue. Sie haben sich für die Übernahme dieses Dienstes entschieden. Dafür danke ich Ihnen. Ich danke auch den Eltern und Familien sowie den Freunden, die auf je eigene Weise mitgeholfen haben, dass diese jungen Männer heute hier stehen, Ja zu der Beauftragung sagen und sich senden lassen. Danke auch dem Seminarteam und allen, die in der Ausbildung tätig sind.
Worum es konkret beim Akolythat geht, ist schnell gesagt: Die Kommunion austeilen und bringen; den Altar bereiten und auf den Empfang der Eucharistie vorbereiten. Für Sie, liebe Priesteramtskandidaten, ist die Beauftragung aber mehr: Ein weiterer Schritt auf die Priesterweihe hin, auf die Beauftragung und Sendung zum presbyteralen Dienst, der in der Verkündigung, der Feier der Sakramente und aller Gottesdienste sowie der Leitung ausgeübt wird. Ich freue mich sehr, dass Sie diesen Weg gehen. Die Kirche und ihr Dienst an den Menschen und der Gesellschaft ist kein leichter, aber wichtig und notwendig wie eh und je und auch wie nie zuvor.
Worum geht es heute im kirchlichen Dienst? Letzten Freitag war ich in Nürnberg mit Oberbürgermeister Maly, den Präsidenten der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer, dem Vorsitzenden der Gewerkschaften, der Verantwortlichen für die Bildung in Nürnberg, einem Zeitungsredakteur und einigen Vertretern der Zivilgesellschaft und der Kirchen zum Gespräch zusammen. Das Thema lautete: Was erwartet die Gesellschaft von der Kirche in unserer Zeit?
Fünf Punkte kristallisierten sich heraus:
1. Sicherung bzw. Vergewisserung der Herkunft unserer Gesellschaft.
2. Hilfe zum Aushalten im Ungewissen, Ungeklärten und Unsicheren.
3. Beitrag zu Integration und zum Umgang mit dem Fremden.
4. Einbringen der Weit- und Weltsicht.
5. Hochhalten der Menschennähe in digitaler und virtueller Welt.
Diese fünf Mitbringsel oder Gaben erwartet die Gesellschaft von uns.
3.1 Sicherung bzw. Vergewisserung der Herkunft. Das Christentum, d. h. das Evangelium und die Person Jesus Christus haben zivilisatorische Entwicklungen und Ergebnisse hervorgebracht, die es in der jetzigen Mischung der Kulturen zu sichern gilt:
- Die Menschenwürde von jedem Mann und jeder Frau
- Die Menschenrechte für jeden und jede und überall
- Der Wert des Wahren: Die Wahrheit, die immer zu suchen ist und die Wahrhaftigkeit, die zu reden und zu tun ist
- Der Wert des Guten, das jedem zu tun ist
- Der Wert des Schönen, das das Leben aller froh machen soll
- Auch die Trias der Neuzeit oder der Französischen Revolution: Freiheit für jeden, Gleichheit von allen, Brüderlichkeit weltweit.
Diese Ideale unserer Herkunft sind zu sichern!
3.2 Hilfe zum Aushalten im Ungewissen, Ungeklärten und Unsicheren. Zu den Grundtugenden des Christen gehören Geduld, Demut
und Langmut. Die Menschen neigen in Unsicherheiten zu Extremen, rechts (Pegida) oder links (RAF), zu Aktionismus oder Pessimismus. Die Kirche predigt:
- Vertrauen
- Hoffnung
- Geduld
- Entschleunigung, um nachzudenken und die rechten Entscheidungen zu treffen.Diese Tugenden helfen, auszuhalten im Ungeklärten und Ungewissen der heutigen Zeit.
3.3 Integration und Umgang mit dem Fremden: Christen halten die Waage zwischen Integration von Neuem und Neuen, der Flüchtlinge
und der Eingesessenen, von Armen und Reichen bei uns, von Behinderten und voll Einsatzfähigen, von Gesunden und Kranken.
Integration bedeutet, eine aktive, gerechte und friedvolle Gesellschaft aufzubauen und zu erhalten. Dabei ist die Kirche gefordert.
3.4 Welt- und Weitsicht. Die Kirche ist der größte und älteste Globalplayer. Seit 2000 Jahren haben die Christen Erfahrung mit der Welt- und Weitsicht.
3.5 Nähe zu den Menschen, trotz und mit digitaler Kommunikation. In Kindergärten, Schulen, sozialen Einrichtungen, Krankenhäusern,
Altenheimen und Hospizen soll Nähe zu den Menschen gewahrt bleiben, weil sonst die Gesellschaft unmenschlich wird.
4. Damit Kirche das kann, muss sie selbst identisch und authentisch bleiben! Was das bedeutet, sagt uns die heutige Liturgie des 3. Sonntags im Jahreskreis.
4.1 Bleibt bei der Heiligen Schrift und damit bei Jesus Christus und damit bei der Verkündigung, besonders des Neuen Testaments! Den vierfachen Sinn der Heiligen Schrift haben wir gelernt:
1. Historisch
2. Allegorisch
3. Moralisch
4. Anagogisch.
Diese vier müssen zum inspirativen Sinn hinführen. Die Heilige Schrift soll mit dem historischen, allegorischen, moralischen und anagogischen Sinn zur Inspiration werden, um heute aus der Heiligen Schrift zu leben, die heutigen Fragen zu beantworten, das heutige persönliche und gesellschaftliche Leben zu gestalten.
Sie muss uns zu Herzen gehen, wie es in der ersten Lesung hieß, und wir sollen sie so verkünden, dass sie den Menschen zu Herzen geht. Die Menschen und die Gesellschaft brauchen Spiritualität, die Energie gibt und zugleich verbindet. Das Evangelium enthält sie!
4.2 Bleibt bei Jesus!
Das heutige Evangelium besteht aus vier Teilen:
1. Der erste Teil enthält die Einleitung zum Lukasevangelium; sie spricht von der Bedeutung des Evangeliums.
2. Der zweite Teil berichtet, dass Jesus nach der Taufe und dem Empfang des Geistes überall umhergeht und lehrt.
3. Der dritte Teil gibt die „Primizpredigt Jesu“ in Nazareth wieder; sie ist Sondergut des Lukasevangeliums.
4. Der vierte Teil berichtet von der Ablehnung Jesu; sie gehört zu diesem Evangelium dazu, wird aber am nächsten Sonntag verkündet. Auch wir heute müssen mit Ablehnung rechnen.
Bei der Primizpredigt geht es um den Heiligungsdienst und die Sammlung des neuen Volkes Gottes, die Kirche. „Ihr seid ein heiliges Volk, ein königliches Priestertum“, heißt es im 1. Petrusbrief. Sammlung und Heiligung des neuen Volk Gottes gibt es nur mit Jesus, der Gnade ist; mit ihm ist jede Zeit Gnadenjahr! Wir müssen IHN im Mittelpunkt haben. Jesus ist das Zentrum, wir seine Diener. „Wenn je das Göttliche auf Erden erschien, so war es in der Person Christi“, schrieb Johann Wolfgang Goethe.
Heute wurde im lateinischen Brevier aus dem siebten Artikel der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils (SC) unter anderem gelesen: „Um dieses große Werk voll zu verwirklichen, ist Christus seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in den liturgischen Handlungen. Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht – denn ‚derselbe bringt das Opfer jetzt dar durch den Dienst der Priester, der sich einst am Kreuz selbst dargebracht hat‘ -, wie vor allem unter den eucharistischen Gestalten. Gegenwärtig ist er mit seiner Kraft in den Sakramenten, so dass, wenn immer einer tauft, Christus selber tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er schließlich, wenn die Kirche betet und singt, er, der versprochen hat: ‚Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen (Mt 18,20)‘“. In der Tat gesellt sich Christus in diesem großen Werk, in dem Gott vollkommen verherrlicht und die Menschheit geheiligt wird, immer wieder die Kirche zu, seine geliebte Braut. Sie ruft ihren Herrn an, und durch ihn huldigt sie dem ewigen Vater“. Inhalt und Ziel aller Gottesdienste, besonders der Sakramentenfeier, ist Jesus Christus.
4.3 Ziel der Leitung, der dritten Dimension des presbyteralen Dienstes, ist der Aufbau der Gemeinde, so die zweite Lesung aus dem Korintherbrief. Nicht meine Gemeinde, sondern Jesu Gemeinde. Die Leitung besteht im Aufbau der Gemeinde, die Volk Gottes und Leib Christi ist (vgl. 2. Lesung aus dem 1. Korintherbrief).
5. Liebe Mitbrüder! Darauf lasst Ihr Euch ein. Eine große, herausfordernde Aufgabe! Das Akolythat will Euch besonders auf die zweite Funktion des presbyteralen Dienstes vorbereiten, auf die Sakramenten- und Gottesdienstfeier, den Heiligungsdienst. Nehmt das Studium der Sakramente und die Einübung in die Sakramente ernst, auch durch regelmäßige Beichte, tägliche Eucharistiefeier, Anbetung, Tauferneuerung, z. B. bei jedem Weihwassernehmen, etc. Seid heilig, damit ihr den Heiligungsdienst erfüllen könnt!
Liebe Kandidaten! Ihr entscheidet Euch für Großes und Wichtiges. Ich beauftrage Euch mit Großem und Wichtigen. Nehmt es in Freude an und lebt konsequent! Amen.

