Als vor zwei Jahren am 19. April 2005 der weiße Rauch aus dem kleinen Schornstein der Sixtinischen Kapelle in Rom stieg, rätselten die vielen Menschen auf dem Petersplatz und in der ganzen Welt, wer denn der 264. Nachfolger des heiligen Petrus sein werde.
Als der ehemalige Joseph Kardinal Ratzinger als Papst Benedikt XVI. auf die Loggia des Petersdomes trat, flogen ihm die Herzen der jubelnden Menschen zu. Wie verjüngt erschien der bisherige Präfekt der Glaubenskongregation – gleichsam als könne er nun eine schwere Last abstreifen, um eine noch schwerere zu übernehmen. Ein gewinnendes Lächeln umspielte seine Gesichtszüge. Ohne Pathos, ohne medienwirksame Gesten, schlicht und demütig übernahm er das Pontifikat in der Nachfolge des verstorbenen beliebten Papstes Johannes Paulus II., bei dessen Exequien viele Menschen skandierten: „subito santo“ – sofortige Heiligsprechung!
Nach dem unvergessenen Papst Johannes Paulus II., dem er viele Jahre in engster aufreibender Zusammenarbeit herzlich verbunden war, übernahm er nun das Steuerruder der Kirche, ohne dass auch nur ein Zögern oder Wanken hätte festgestellt werden können.
Nun lenkt er als „der Hirte der Herzen“ – wie ihn eine Zeitschrift titulierte – ( LiMa, Liborius Magazin, April 2007) umsichtig und äußerst klug die Kirche. Innerhalb äußerst wichtiger Themen wie „Werte“, „Moral“ und „Menschenwürde“ setzt er Maßstäbe, an denen kein Zeitgenosse vorbeigehen kann. Darin eingebunden stellt er die Fragen nach der Heiligkeit des Lebens, der unteilbaren Menschenwürde und den kostbaren Wert jeder menschlichen Existenz.
Seine erste Enzyklika „Deus caritas est“ ließ die Welt aufhorchen. In diesem Schreiben trat uns ein Mann in den Schuhen des Menschenfischers Petrus entgegen, der selbst von dem Geheimnis der Liebe Gottes entflammt war und dies in einfachen, aber eindringlichen Worten zu vermitteln vermochte.
Das große Thema „Glaube und Vernunft“, das er nicht müde wird, in immer neuen Abhandlungen darzulegen, ist einerseits auf Versöhnung aus und hebelt den Irrtum aus, dass sich Glaube und Vernunft widersprechen. Auf der anderen Seite aber macht er auch ganz deutlich, dass die Vernunft – bei allem Respekt vor ihr – nicht das Maß aller Dinge ist. Weder Mehrheitsentscheidungen von Parlamenten, noch glanzvolle philosophische Theorien noch sogar subjektive Gewissensentscheidungen könnten ohne Einbindung in Gott verpflichtende Ansprüche stellen. Erst der Glaube an den sich uns offenbarenden Gott führt zur größtmöglichen Verbindlichkeit. Der Papst wörtlich: „Die Wahrheit ist nichts Billiges. Sie ist anspruchsvoll, und sie brennt auch.“ (Ebd. S. 14)
Er hält viel vom Dialog, aber nichts von der Gleichmacherei. Der Weg des Christentums zu Gott sei zwar der reifste, intelligenteste und menschlichste, aber er gelinge auch nicht nur über Dogmen und Katechismusformeln, sondern über die lebendige Christusbeziehung.
Er wird nicht müde, immer wieder das menschliche Antlitz Jesu Christ herauszustellen und zu einer persönlichen Gottesbegegnung im Buß- und Eucharistiesakrament aufzufordern.
Innerhalb der Ökumene versucht er konkrete Schritte der Annäherung, die aber – wörtlich – „in Wahrhaftigkeit und Realismus“ geschehen müssen. Dabei sollten die Christen aus der Mitte des christlichen Glaubens in der Welt Zeugnis für die überlebenswichtigen Werte ablegen und nicht konfessionelle Grenzen einnebeln. Spürbar ist auch sein Bemühen, mit den orthodoxen Kirchen weitere Schritte zur Einheit gehen zu können. Und auffallend sind auch die verstärkten Anstrengungen, den romtreuen Katholiken in China beizustehen und ein Leben in Freiheit zu ermöglichen.
Der Heilige Vater weiß, dass der Papst kein absoluter Monarch ist, sondern „Erstgehorchender“, der aber als „Anwalt des christlichen Gedächtnisses“ auftreten müsse.
Die mehr denn je nach Rom pilgernden Gläubigen – unter ihnen viele Jugendliche – wissen längst, was sie an diesem Stellvertreter Jesu Christi auf Erden haben: „Papa Benedetto“ skandierten sie nicht nur auf dem Weltjugendtreffen in Köln, sondern auch zahlreich auf dem Petersplatz in Rom.
Gerade den jungen Menschen gegenüber tritt er nicht belehrend, sondern gewinnend auf: „Ich weiß, dass ihr als junge Menschen das Große wollt, dass ihr euch einsetzen wollt für eine bessere Welt“, sagte er auf dem Marienfeld bei Köln. „Zeigt es den Menschen, zeigt es der Welt, die gerade auf dieses Zeugnis der Jünger Jesu Christi wartet und zuallererst durch das Zeichen eurer Liebe den Stern entdecken kann, dem wir folgen.“
Papst Benedikt ist ein Hirte, der mit seiner außergewöhnlich hohen Intelligenz als Intellektueller jedes Gespräch mit den Geistesheroen dieser Welt aufnehmen kann – wie das Gespräch im Januar 2004 in München mit dem Philosophen Jürgen Habermas gezeigt hat. Dennoch spricht er ganz aus dem Herzen. Deshalb haben seine oft einfach gewählten Worte eine solche Tiefe.
Klar und nüchtern, beschenkt mit Gedankenschärfe und Mut zum großen Entwurf, haben seine Visionen immer etwas Rationales. Mild und einfühlsam begegnet er dem Einzelnen und nimmt ihn ganz in den Blick.
Wir dürfen am heutigen Tag, an dem Papst Benedikt sein 80. Lebensjahr vollendet, Gott für ihn von Herzen danken.
Amen.
(1607/0587)