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Buchseiten bilden ein Herz

Herzmitte der Diözese

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann zum 40. Jubiläum der Altarweihe des Würzburger Domes am Sonntag, 13. Mai 2007

„Kathedralen sind nach einem Wort RODINS die Synthese des Landes.“

Unser Würzburger Dom birgt als Schatzhaus fränkischer Glaubensgeschichte Zeugnisse aus den verschiedensten Jahrhunderten – angefangen von der frühen Romanik über Gotik und Barock bis in die Gegenwart hinein. Nur wenige Kathedralen in Deutschland können eine solch belebte und geschichtsträchtige Vergangenheit aufweisen.

Schon bald nach der Bistumsgründung 742 weihte Bischof Berowelf in Gegenwart Karls des Großen den ersten Dom, den Salvaterdom, ein. Nach Brand und Einsturz erbaute Bischof Anno im 9. Jahrhundert den zweiten Dom als dreischiffige Basilika wieder auf. Wieder brannte auch dieser Dom 918 ab. Unter Verwendung älterer Bauteile ließ Bischof Bruno einen dritten Dom errichten, der erst unter seinem Nachfolger Adalbero 1075 vollendet und geweiht werden konnte. Dieser Dom zählte zu den eindrucksvollsten Monumenten der Salier-Zeit. Gegen 1250 – als gerade die Grundsteinlegung des jetzigen Kölner Domes vollzogen worden war – hatte unser Würzburger Dom seine endgültige äußere Gestalt gefunden.

Am 16. März 1945 wurde dieses prächtige Gotteshaus – wie ganz Würzburg – durch Fliegerbomben in Schutt und Asche gelegt.

Bischof Julius Döpfner hatte in den schweren Nachkriegsjahren den gewichtigen Satz gesagt: „Wohnungsbau ist Dombau“. Das verstanden alle und akzeptierten es. So wurde erst 22 Jahre nach dem Kriegsende der Aufbau des Würzburger Domes vollendet und in der Altarweihe am 6. Mai 1967 gekrönt.

Dieser festliche Tag beendete und krönte unter Leitung von Bischof Josef in der Mitfeier von Julius Kardinal Döpfner und vielen anderen Bischöfen eine 22 Jahre dauernde Abstinenz von Gottesdienstfeiern im Dom. Heute sind noch einige Zeitzeugen der damaligen Feier dabei.

Dieser Feier mit Altarweihe war ein langes Ringen vorausgegangen. Der Dom als Bischofs- und als Mutterkirche (Kathedrale), als Haus, in dem sich die Ortskirche versammelt (domus ecclesiae), musste so als Kultraum hergestellt werden, dass die Gottesdienstfeiern im Miteinander von Bischof als Nachfolger der Apostel und Gemeinschaft der Gläubigen sichtbar wurde.

Zum einen galt es auf ein langes historisches Erbe zu schauen, das – wenn auch zum großen Teil zerstört – dennoch auch kulturell zu Buche schlug. Zum anderen galt es, das Zweite Vatikanische Konzil, das gerade zu Ende gegangen war, in der Anordnung der liturgischen Orte so aufzugreifen, dass der Theologie vom Aufbau der geistlichen, dem Herrn gehörenden Gemeinde, Rechnung getragen werden konnte.

So entschied man sich, mit dem neuen Eingangsportal von König, die Schöpfungsgeschichte als verbindendes Glaubenszeugnis von Außen- und Innenraum, von Stadt und Dom, als Fanal zu setzen. Nach Durchschreiten des barocken ehemaligen Chorgitters trifft man auf den siebenarmigen Leuchter, die Menorah: Die gemeinsamen Wurzeln von Juden- und Christentum werden hier eindringlich sichtbar gemacht.

Beim Durchschreiten des Langhauses, dem aller barocke Dekor genommen worden war, erkennt man wieder den romanischen Ursprung dieses Gotteshauses. Die vielen aufgerichteten Epitaphe mit den Grabdenkmälern der Würzburger Bischöfe bilden so gleichsam ‚eine Straße der Nachfolger der Apostel’ vom Diesseits zum Jenseits, vom irdischen Haus Gottes zum Himmlischen Jerusalem.

Das barock belassene Querhaus visualisiert schon so etwas wie den Thronsaal Gottes im Himmel und der Blick in den neuzeitlich gestalteten Chor mit den vielen Zeitzeugen des Glaubens ermöglicht die Ausschau auf den wiederkommenden Weltenrichter am Ende der Zeiten.

In dem Schweizer Bildhauer Albert Schilling fand man einen international anerkannten Künstler, der die Zusammenbindung der unterschiedlichen Räume im Dom (Langhaus, Querhaus und Chorraum) mit der Theologie des Zweiten Vaticanums zu verbinden wusste. Schon der Würzburger Diözesanbaumeister Hans Schädel hatte den Gedanken, den Altar in die geometrische Mitte des Querhauses zu stellen und damit einen Raum für die tätige Teilnahme der Umstehenden – der circumstantes – zu schaffen. Albert Schilling setzte dies am Brennpunkt des Domes um. Er schuf einen monumentalen ‚Hochaltar’‚ der ein kubisches Gebilde ergibt, das Tisch- und Blockform miteinander durchdringen lässt.

Der heilige Ambrosius schrieb: „Was ist denn der Altar anderes als der Leib Christi?“. So ist es nicht verwunderlich, dass der Altar auch die Gebeine der Martyrer aufnahm, die Zeugen Christi im Leiden geworden sind. Bei uns ruhen die Häupter der Bistumspatrone Kilian, Kolonat und Totnan in diesem Bischofsaltar. Damit wird ganz deutlich, dass unser Dom ein Dom der Frankenapostel und insbesondere der Dom des heiligen Kilians ist.

Als Bischof Josef endlich am 6. Mai 1967 den Altar weihen konnte, war das von drei Bischöfen in Auftrag gegebene Werk vollendet. Die Bischöfe Matthias, Julius und Josef hatten mit dem Dombaumeister Schädel und Professor Döllgast und vielen Künstlern eine langwierige Aufgabe bewältigt, die Kirche des Bischofs und des Domkapitels als Haupt- und Mutterkirche der Stadt Würzburg und des Bistums wiederherzustellen. Domkapitular Schömig schrieb damals: „Nun ist der Dom vollendet. Nun ist er der große Auftrag an das Gottesvolk der Diözese… Möge es ihm zum Bewusstsein kommen, dass dies der Auftrag ist, das zu sein und darzustellen, was der Dom als Bild und Gleichnis ihm in seiner neuen Gestalt vor Augen stellt: ECCE ECCLESIA. ECCE ECCLESIA CATHEDRALIS.“

Einige Zeitzeugen, die bei der damaligen Feier dabei waren, sind auch heute unter uns. Mit großem Dank an Gott und alle, die dieses Werk aufgebaut haben, verbinden wir die Frage: Wie hat der Dom in den letzten 40 Jahren in die Stadt und das Bistum ausgestrahlt? Sicherlich ist der Dom – auch dank der guten Hirtenaufgabe meines Vorgängers Bischof Paul-Werner – wieder die Mitte der Diözese Würzburgs geworden. Bei festlichen Pontifikalämtern und im Beisein des Domkapitels wird die integrierende Kraft der Liturgie in diesem Gotteshaus deutlich. Am augenfälligsten wird die Bestimmung dieser Kathedrale in der Kilian-Festwoche Anfang Juli. Es ist eine große Freude zu erleben, wie viele Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche den Einladungen in den Dom folgen und die tiefe innere Verbundenheit mit den Bistumspatronen und dem Bischof sichtbar machen.

Manches Mal ist unser Dom aber auch ein Mittelpunkt der Kirche in Deutschland, wenn sich hier die Bischöfe der unterschiedlichsten Diözesen treffen und Gottesdienst feiern. Dies wird im Februar nächsten Jahres bei der Bischofskonferenz in Würzburg besonders deutlich werden. Gelegentlich wird hier auch – wie am heutigen Tag – Weltkirche sichtbar, wenn ausländische Bischöfe in diesem Dom zu Gast sind.

Möge unser Dom – wie Weihbischof Helmut Bauer geschrieben hat – auch künftig die Herzmitte der Diözese bleiben.

Amen.

(2007/0735)