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Buchseiten bilden ein Herz

Jesu Tod überwindet die Schuld

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Osternacht am Samstag, 7. April 2007, im Würzburger Dom

Zwei Nächten kommt im Laufe eines Jahres im liturgischen Raum eine besondere Bedeutung zu: der Weihnachts- und der Osternacht. Beiden Nächten wohnt ein Geheimnis inne, das uns in der Tiefe unseres Herzens erreicht. Es ist das Aufbrechen irdischer Dunkelheit und Verlorenheit in eine existentiell zugedachte Befreiung durch das göttliche Licht, das menschliches Leben annahm und unser Grabesdunkel in das neue ewige Leben hinein überwand.

Liebe Schwestern und Brüder,

unser ganzes Leben ist ein Kampf mit den Widrigkeiten, die sich immer wieder neu einstellen und uns die Lebensfreude verdunkeln.

Was empfinden wir, wenn wir Anfang dieses Jahres in einer renommierten deutschen Zeitung lesen müssen: „Der tot in einem Kühlschrank in der Wohnung seines Ziehvaters aufgefundene zweieinhalb Jahre Junge (Kevin) ist nach dem am Donnerstag vorgelegten Obduktionsbericht in der Folge ‚mutwilliger schwerer Misshandlung’ gestorben. Der Oberstaatsanwalt sagte, wer die Bilder des malträtierten Kindes gesehen habe, werde sie für lange Zeit nicht mehr loswerden. Der Junge habe ein Martyrium erlitten, das jede Vorstellungskraft übersteige. Rechtsmediziner haben in dem Bericht insgesamt 24 Knochenbrüche festgestellt. Nach den letzten Frakturen trat eine Fettembolie in der Lunge ein, die zum Tod des Kindes führte.“ (FAZ, 05.01.07)

Diese eine kurze Notiz wirft nur ein Schlaglicht auf das ganze Elend dieser Welt, das uns via Medien tagtäglich ins Haus transportiert wird. Wir stehen oft fassungslos vor Katastrophen, Schuld und menschlichem Elend. Wie aber gehen wir damit um?

Lassen wir es einfach zu, weil wir es doch nicht ändern können? Lassen wir es nicht mehr an uns heran, weil es uns deprimiert? Verdrängen wir es durch eine Flut neuer Eindrücke?

Der einzelne Mensch wie die gesamte Menschheit ist auf der Suche nach Glück, Geborgenheit, Gerechtigkeit und Friede. Tatsächlich aber erfahren wir, dass diese Sehnsucht innerweltlich unerfüllt bleibt. Ist sie aber deshalb irreal?

Die Erfahrung der Menschheit, die sich in den Texten des Alten Testamentes eindrucksvoll finden lässt, ist die Erfahrung des Schuldigwerdens und zugleich die Suche nach Befreiung aus allem Elend.

An Gott kann es wohl nicht liegen. „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ (Gen 1,31a) hörten wir in der ersten Lesung.

Die Dunkelheit unseres Lebens entsteht erst durch den Versuch des Menschen, sich an die Stelle Gottes zu setzen. (Vgl. Gen 3) Und das ist bis heute nicht anders geworden. Überall da, wo der Mensch sich aus der Bindung an Gott löst und auf sich bezogen selbstherrlich entscheidet und handelt, geschieht Ungerechtigkeit, Leid und Sünde. Würden alle Menschen – einschließlich uns – Gott in allem folgen, gäbe es keinen Terror, Unterdrückung, Folter und Ausbeutung, keine Kindesmisshandlung, kein Treuebruch und keine Ungerechtigkeit .

Von daher ist die Feier unserer Erlösung durch Christus, „das Licht der Welt“ (vgl. z.B. Joh 1,9) in diesen heiligen drei Tagen mit dem Blick auf diese Osternacht von so entscheidender Bedeutung. Sein freiwilliger Tod, der in seiner Lebenshingabe für uns von ihm angenommen wurde, ermöglicht die Überwindung unserer Schuld und damit auch unseres Todes.

In der siebten Lesung dieser Nacht (Ez 36,16; 18-28) sprach Gott durch den Propheten Ezechiel: „Ich gieße reines Wasser über euch aus und schenke euch ein neues Herz.“

Die Umkehr des Menschen ist Voraussetzung für Erneuerung und Überwindung der Sünde. Wie viel mehr trifft dies für uns Getaufte zu, die wir auf Christi Tod und Auferstehung hin neu geschaffen wurden und schon jetzt Anteil an diesem neuen, ewigen Leben haben. (Vgl. Lesung Röm 6,3-11)

Der Schlüssel der Überwindung allen Elends dieser Welt liegt in der Bereitschaft der Menschen, sich von der Liebe Christi einholen zu lassen und aus der Wirklichkeit des Ostermorgens in seinen heiligen Willen einbinden zu lassen.

Gehorsam gegenüber dem Willen Jesu Christi – und damit Gottes – ist keine Einschränkung der menschlichen Freiheit, sondern vielmehr Befreiung in die wirkliche Freiheit, ist Überwindung der Sünde und des Todes.

Wenn ich schon nicht das Elend der ganzen Welt hinweg nehmen kann, warum verändere ich nicht wenigstens mein Leben im Geist und der Kraft Jesu Christi und helfe mit, dass die durch ihn ermöglichte neue Lebenswirklichkeit jetzt konkret greift?

„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ (Lk 24,5) fragen die beiden Männer in leuchtenden Gewändern am leeren Grab die Frauen. Wo suchen wir Christus?

Amen.

(1507/0568; E-Mail voraus)