Würzburg (POW) Essens Bischof Dr. Felix Genn hat die Priester und Diakone der Diözese Würzburg aufgefordert, sich ihrer eigenen Identität und Würde bewusst zu werden. Das Schreckbild vom sogenannten Kultpriester müsse endlich aufhören, sagte er am Montag, 2. April, vor rund 300 Seelsorgern beim Oasentag für Priester und Diakone in der Seminarkirche Sankt Michael in Würzburg. „Verkündigung des Wortes Gottes und Feier der Sakramente mit der dementsprechenden tiefen Vorbereitung, die Befähigung von mündigen Christen zum Glaubenszeugnis – das scheint mir zunächst einmal das zu sein, worauf es ankommt.“
Bischof Genn ging in seinen Gedanken zum Thema Berufung zunächst auf die Berufung im weiteren Sinn ein, die beispielsweise auch hinter der aktuellen Berufungsinitiative „Mensch – Christ – Mut zu mehr“ der Diözese Würzburg stehe. Die Gläubigen sollten damit für das Thema sensibilisiert werden. „Vielleicht setzen wir dabei auf Langzeitwirkung und hoffen, dass über diese Sensibilisierung hinaus die Aufmerksamkeit für das wächst, was wir mit der Berufung in den priesterlichen Dienst und in das Ordensleben durch die Jahrhunderte hindurch in unserer Kirche als kostbaren Schatz, ja auch als Entwurf unserer eigenen Biografie haben Gestalt werden lassen.“
Bei der besonderen Berufung eines Christen gehe es um den Ruf in die Nachfolge des Lebensmodells Jesu. Die Kirche habe im Laufe der Jahrhunderte diese Grunddimension des christlichen Lebens ausgestaltet in der Form der drei evangelischen Räte: Gehorsam, Jungfräulichkeit und Armut. „Sie sind sozusagen die konkreten Weisen der Nachfolge, die Bereitschaft auszudrücken, sich dem zur Verfügung zu stellen, was Gott braucht, verwendbar zu sein für sein Werk und sein Reich, Arbeiter für seine Ernte zu sein“, sagte Bischof Genn. Die evangelischen Räte und der Priesterstand gehören für den Bischof sehr eng zusammen. Nicht umsonst habe die Kirche das Priestertum mit dem Zölibat verknüpft, weil sie davon überzeugt sei, dass diese innere Einheit von Anfang an gegeben war.
„Ich kann mich nicht dazu durchringen, den Zölibat zur Disposition zu stellen“, sagte Bischof Genn angesichts kritischer Anfragen von Zeitgenossen. Stünde die Kirche ohne die Lebensform der evangelischen Räte nicht in der Gefahr, eine bürgerliche Gesellschaftsform zu sein, fragte der Bischof. „Braucht gerade eine völlig sexualisierte Welt nicht dieses Zeugnis? Dass wir in unseren Gemeinden das Gespür für diese Dimension christlichen Lebens, christlicher Lebensform verloren zu haben scheinen, stellt ein größeres Problem dar als die Tatsache, dass die finanziellen Ressourcen immer knapper werden: Kirche droht die Verbürgerlichung.“
Angesichts der Überlastung der Priester betonte der Bischof, es sei nicht mehr alles zu tun, weil es nicht gehe. Es brauche Hilfen, durch geistliche Entscheidungsfindung in Gemeinschaft zu entdecken, was Priester nicht mehr tun sollten, was sie aber auf jeden Fall tun müssten. Die Seelsorger rief er auf, Männer des Gebets zu werden und sich die Sendung Jesu neu schenken zu lassen. „Wenn wir aus der Muße der Betrachtung des Wortes Gottes, der Feier der Eucharistie und des Gebetes kommen, dann haben wir alles abgegeben, was nach Machen, Funktion und Technik aussieht. Priestertum ist antifunktional.“ Beim priesterlichen Dienst gehe es nicht um Technik und Machen, es gehe um die Ästhetik, um die Kunst, sich immer neu in Gottes Führung zu begeben und sich seiner Sendung anzuvertrauen.
Hinweis: Der Vortrag „Gedanken zum Thema Berufung“ des Bischofs von Essen, Dr. Felix Genn, erscheint in den kommenden Wochen als gedrucktes Heft.
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